"Wann hast Du erfahren, dass das Leben grausam ist? Ich in der ersten Klasse" sagt der 12 jährige Junge mit Tränen in den Augen zu mir.

In einem Anti-Mobbing Training komme ich gut in Kontakt mit einem Schüler. In der Pause kommt er zu mir und fragt  mich "Wann hast Du erfahren, dass das Leben grausam ist? Ich in der ersten Klasse". 

 

Er hat Tränen in den Augen, wirkt sichtlich betroffen und fängt an zu erzählen.

 

In der ersten Klasse wurde er von Klassenkameraden brutal zusammen geschlagen. Ab diesem Tag wurde er immer wieder von einer Gruppe Jungen aus der Klasse gemobbt und fertig gemacht. Oft bis über alle Belastungsgrenzen hinaus. Er konnte sich irgendwann seinen Eltern anvertrauen. Mehrfache Gespräche mit der Klassenlehrerin brachten leider keine Auflösung der Mobbingsituation. So entschied er sich, dass er es alleine schaffen muss und hielt einfach nur durch, bis die Grundschulzeit zu Ende war.

 

In der neuen Klasse auf der weiterführenden Schule wurde es besser. Er fand Freunde. Er konnte jedoch oft nicht einschätzen, ob die Klasse sich über ihn lustig machte oder alles ok war. Zu sehr war seine Wahrnehmung von der Grundschulzeit geprägt, wo er sich einfach nur schützen musste. Er geriet in der neuen Klasse auch immer wieder in eine Außenseiterposition, weil er erfüllt war von Ängsten. Hatte er einen Konflikt mit Jemandem, kam er in eine sehr große innere Not, weil sein System noch immer mit der erlebten Mobbingsituation verbunden war. Einige aus der Klasse konnten seine Andersartigkeit nicht aushalten und händeln. Viele distanzierten sich von ihm, weil er aus ihrer Sicht einfach "schräg" und "anstrengend" war und gar nicht so wie andere 12 Jährige Schüler. Er entwickelte Depressionen und Suizidgedanken. Diese schleppte er lange mit sich rum. Auch hier war seine Meinung, dass er es alleine schaffen muss und seine Eltern, zu denen er ein gutes Verhältnis hat, nicht belasten will.

 

Im Gespräch konnte ich ihn überzeugen, dass er es als 12 Jähriger Schüler gar nicht alleine schaffen kann. Er darf lernen über einen empathischen und professionellen Erwachsenen wieder Vertrauen in Menschen aufzubauen. Er darf lernen seine traumatischen Erfahrungen aufzuarbeiten. Dazu braucht er Therapie und unterstützende Angebote.

 

Wir konnten vereinbaren, dass er seinen Eltern davon erzählt und Hilfe einfordern darf. Ebenso wurden der Abteilungsleiter und die Klassenlehrer dazugezogen, die ebenfalls die Eltern informierten. 

Ich gab ihm Infos mit, wo er sich Hilfe holen kann und die Eltern kontaktierten mich ebenfalls, weil sie ihren Sohn natürlich unterstützen möchten. Wir besprachen unterschiedliche Möglichkeiten.

 

Der Junge hat jetzt die Möglichkeit Hilfe zu erfahren und hat eine gute Chance, dass sich seine Depressionen und Suizidgedanken reduzieren und auflösen können. Dies ist über die gemeinsame Vernetzungsarbeit möglich.

 

Vor allem ist es wichtig die Nöte der Kinder Ernst zu nehmen und sie zu unterstützen.

 

Kein Kind hat es verdient so zu leiden und Jahre mit solchen Ängsten zu verbringen. Mobbing zerstört den Selbstwert eines Kindes und wirkt traumatisch.

 

Lasst uns gemeinsam hinschauen. Jedes Kind verdient es gesund lernen und sich entwicklen zu können.

 

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