Machtkämpfe

Machtkämpfe entstehen schnell in der pädagogischen Arbeit. Sie sind allerdings wenig effektiv, sondern münden oft in einer Machtkampfspirale, weil das Gegenüber sich eingeladen fühlt, das Ergebnis so nicht stehen zu lassen. Was ist die Lösung?

 

Ich unterscheide gerne zwischen den unterschiedlichsten Settings und auch nach Aufträgen. Denn in der Arbeit mit gewalterfahrenen und gewaltbereiten Jugendlichen ist ein klarer Rahmen sinnvoll und notwendig. Es gibt Situationen, die einfach nicht verhandelbar sind. So z.B. eine erneute Gewaltausübung. Hier braucht es auch Gruppenführung, für die ich in meiner Funktion als Trainerin verantwortlich bin.

 

Gleichzeitig bietet die pädagogische Arbeit auch viel Raum und Möglichkeiten den anderen in seinen Bedürfnissen zu sehen und als Menschen wertzuschätzen. Wenn dies authentisch gezeigt und kommuniziert wird, werden mögliche Spannungen oder Unsicherheiten auf Seiten der Jugendlichen reduziert.

 

Ich arbeite in Gruppen gerne mit einem klaren Rahmen, der vor der Arbeit in allen Aspekten den Teilnehmern transparent besprochen wird. Ich hole mir von jedem Teilnehmer die offizielle Erlaubnis und das Okay ab. Somit sind die Wege klar und auch mögliche Umwege. Ich drücke dem Jugendlichen nicht meinen Willen auf, sondern gebe ihm den Raum sich für einen der Wege zu entscheiden. Ich bleibe begleitend dabei. Auch wenn wir gemeinsam einen Umweg gehen müssen und es auch mal herausfordernd werden kann. Der Jugendliche lernt, dass er ernst genommen wird und vor allem, dass eine Differenzierung zwischen ihm als Menschen und seinem Verhalten stattfindet. Er als Mensch ist wertvoll und liebenswert. Es gibt allerdings bestimmte Verhaltensweisen, die er sich angeeignet hat, die maladaptiv oder sogar verletzend sind. Es geht um eine konstruktive Verhaltensänderung und um ein Überprüfen der angeeigneten Verhaltensweisen, die für ihn ja auch Funktionen erfüllen. Verhalten, dass kann jeder von uns verändern. Dazu braucht es aber einen Rahmen, der unbedingt Wertschätzung bietet, den anderen in seinen Bedürfnissen sieht und auch eine Realitätsüberprüfung anbietet.

Viele Kinder und Jugendliche müssen erst lernen, dass es eine Differenzierung zwischen ihnen als Mensch und ihrem Verhalten gibt. Eine sehr sinnvolle Methode ist die Arbeit mit den unterschiedlichen Persönlichkeitsanteilen aus dem schemapädagogischen Kontext. Gerade Jugendliche aus belasteten Elternhäusern haben gelernt, dass sie als Mensch schlecht sind, wenn sie z.B. einen Fehler machen oder nicht so funktionieren, wie die Eltern es sich wünschen. Dann füllen sie irgendwann bewusst oder unbewusst die Rolle des "schwarzen Schafes" oder des "Sündenbocks" aus und fühlen sich oft abgewertet und ohnmächtig. Um sich nicht wieder ohnmächtig zu fühlen, gehen sie lieber in den Kampf. Koste es, was es wolle. Die eigene Autonomie zu schützen und die Kontrolle zu behalten sind überlebenswichtig.

 

Gleichzeitig bin ich als Erwachsene  eingeladen auch auf mich und meine Verhaltensweisen zu schauen. Denn ich bin Vorbild und das möchte ich authentisch vorleben. Als Vorbild habe ich eine Verantwortung. Hier sind natürlich Supervison oder auch kollegiale Beratung wichtige Unterstützungshilfen. Denn auch ich kann Jugendliche in ihren maladaptiven Verhaltensweisen verstärken und negativ stabilisieren, wenn ich mich z.B. antriggern lasse und dies nicht angemessen auflöse.

 

Es sind also unterschiedliche Ebenen, die erfüllt und gefüllt werden wollen.

 

Sehr wichtig ist die Beziehungsebene. Gerne zitiere ich an dieser Stelle Gerald Hüther: "Lernen ist ohne Beziehung nicht möglich." 

 

Natürlich gibt es auch Ausnahmen, wie Menschen mit einer dissozialen Persönlichkeitsstörung, die Beziehungsangebote nur ausnutzen, weil sie selbst auf Grund ihres Störungsbildes eine "Pseudobeziehungsfähigkeit" entwickelt haben. Aber das ist ein anderes Thema....

 

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