"Ich hatte einfach Lust zuzustechen"
Gewalt fasziniert. Entweder als Beobachter, z.B. indem man sich Krimis oder Psychothriller ansieht, oder indem man selbst beteiligt ist und die Täterrolle ausfüllt.
In meinen vielen Gesprächen begegnet mir diese Aussage immer wieder. "Ich hatte einfach Lust zuzuschlagen", "Ich hatte einfach Lust zuzustechen", ich muss immer wieder daran denken, jemanden ins Bein zu stechen" etc.
Der Gedanke ist oft vor der Tat da und begleitet die Menschen einige Zeit, bevor dann die Entscheidung getroffen wird und die Tat ausgeführt wird.
Wieso ist das so?...
Thomas Elbert - Neuropsychologe - hat reaktive und räuberische Gewalt lange untersucht. So reiste er z.B. in den Kongo, um Kindersoldaten, die schon früh mit dem Kämpfen angefangen haben, strukturiert zu interviewen. Er fragte nach dem Empfinden der Kindersoldaten. Die Antworten ähnelten sich stark:
" der Krieg soll weitergehen"
" der Feind muss sterben"
" Ich spüre den Hunger zu töten"
" Es macht Spaß"
Die räuberische Gewalt, also jemanden zu jagen und zu töten ist wie eine Sucht, ein Blutrausch, bei dem es um pure Lust geht.
Dies ist natürlich ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Heute wird die Lust an Gewalt in zivilisierten und legalen Räumen ausgelebt.
"Es ist jedoch ein Bedürfnis, was in jedem Menschen und vor allem in jedem Mann steckt", so Elbert.
Jeder Mensch kann in diesen Modus gebracht werden.
Dies sind interessante Infos und verändern den Blick auf die Arbeit.
Natürlich ist es wichtig die Taten aufzuarbeiten.
Es geht aber auch darum, legale Räume zu finden, um das Bedürfnis nach Gewalt zivil auszuleben. Natürlich ohne jemanden zu verletzen.
Denn zurück bleiben die Opfer.
Das Opfer meines Klienten hat seit der Tat eine posttraumatische Belastungsstörung, lebt nur noch in Angst und kann nicht mehr alleine rausgehen.
Für das Opfer beutetet es Leiden und das Leben verändert sich schlagartig.
Die Opfer benötigen natürlich zeitnahe Hilfe und Unterstützung. Aber auch Täterarbeit ist Opferschutz.